neuseeländische Literatur

neuseeländische Literatur
neuseeländische Literatur,
 
die Literatur Neuseelands, deren Wurzeln in der in viktorianischen Vorbildern verhafteten Literatur der kolonialen Zeit liegen, die jedoch zunehmend von der bis ins 19. Jahrhundert mündlich tradierten Maorikultur (Mythologie, Lebensphilosophie und kultische Lieder) sowie von den literarischen Einflüssen Australiens geprägt wird. Aus den autobiographischen Schilderungen des Pionier- und Siedlerlebens (Frederick E. Maning, * 1811, ✝ 1883; John Logan Campbell, * 1817, ✝ 1912), zum Teil in Versen verfasst (Jessie Mackay, * 1864, ✝ 1938; Blanche E. Baughan, * 1879, ✝ 1958; Eileen Duggan, * 1894, ✝ 1972), sowie den Beschreibungen der (kriegerischen) Auseinandersetzung (1843-69) mit den Maori (J. B. Stoney, * 1817, ✝ 1912, »Taranaki. A tale of the war«, 1861) entwickelte sich als erste Gattung der Roman (William Satchell, * 1859, ✝ 1942, »The greenstone door«, 1914). Zu den Vertretern dieser frühen Phase zählen ferner William Herbert Guthrie-Smith (* 1861, ✝ 1940), Alfred A. Grace (* 1867, ✝ 1942), Jane Mander (* 1877, ✝ 1949) und besonders Edith Searle Grossman (* 1863, ✝ 1931), deren Werk die wichtigsten Themen der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg (nationale Selbstfindung, Stellung der Frau, Alkoholismus) widerspiegelt. Mit Satchell, Mander, George Chamier (* 1842, ✝ 1915), Jean Devanny (* 1894, ✝ 1962) und Robin Hyde (* 1906, ✝ 1939) etablierte sich allmählich eine fruchtbare einheimische Erzähltradition, die ihren ersten Höhepunkt im Werk Katherine Mansfields erreichte (»Bliss«, 1920; »The garden party«, 1922). Mit der wirtschaftlichen Unabhängigkeit bildete sich eine nationale Identität heraus, die v. a. in der Lyrik ein Echo fand (William P. Reeves, * 1857, ✝ 1932). Es entstanden für die Genese einer eigenständigen Lyrik richtungweisende Zeitschriften wie »Phoenix« (gegründet 1932 von R. A. K. Mason, * 1905, ✝ 1971), die einen Kreis später einflussreicher Literaten förderte, u. a. den Kritiker James Bertram (* 1910) sowie Hyde und A. Curnow, der sich zur Zeit der Weltwirtschaftskrise kritisch mit der nationalen Lage und Geschichte auseinander setzte; A. R. D. Fairburn (* 1904, ✝ 1957) und Denis Glover (* 1912, ✝ 1980) nahmen sich des nationalen Themas in satirischer Form an. Die Entwicklung der Lyrik nach 1945 wurde nachhaltig von den Zeitschriften »Landfall« (1949 ff., herausgegeben von C. Brasch) und »The New Zealand Poetry Yearbook« (1951-64, herausgegeben von Louis Johnson, * 1924, ✝ 1988) bestimmt, in denen auch Werke von Ruth Dallas (* 1919), J. K. Baxter und dem polynesischen und europäischen Traditionen verknüpfenden A. Campbell erschienen. In den 30er-Jahren wurde auch die Erzählung um sozialkritische Perspektiven erweitert (John A. Lee, * 1891, ✝ 1971, »Children of the poor«, 1934) und von John Mulgan (* 1911, ✝ 1945, »Man alone«, 1939) sowie F. Sargeson im Sinne einer nationalen neuseeländischen Literatur programmatisch weiterentwickelt, die Schriftsteller der folgenden Generation wie C. K. Stead inspirierte. In der neuseeländischen Literatur der Nachkriegszeit verlor die Siedler- und Farmerthematik an Bedeutung, während städtische Lebensformen und die Erfahrungen der modernen Gesellschaft (Isolation, Anonymität, Kommunikationsunfähigkeit) in den Vordergrund traten. 1951 führte Janet Frame einen lyrisch-surrealistischen Prosastil in die neuseeländische Literatur ein, 1958 erschien Sylvia Ashton-Warners neuseeländischer Schlüsselroman »Spinster«. Seit den 60er-Jahren war ein skeptisch-illusionsloses Eintreten für Menschlichkeit und Toleranz ein Hauptanliegen der neuseeländischen Literatur, die sich seit 1970 immer stärker ihrer Affinität zur australischen Literatur bewusst wird und sich internationalen Tendenzen (M. Shadbolt, V. O'Sullivan) erschließt. So konnte auch der mit Elementen der nordamerikanischen Popkultur spielende Roman »Came a hot Friday« (1964) von Ronald Hugh Morrieson (* 1922, ✝ 1972) postum einen weiten Leserkreis finden. Von den innovativen Impulsen der Gegenwart sind v. a. das Werk M. Gees, die postmodernen Experimente I. Weddes sowie eine von Amelia Batistich (* 1919), Bub Bridger (* 1920) und Lauris Edmond (* 1926, auch als Lyrikerin erfolgreich) vertretene selbstbewusste Frauenliteratur zu nennen. Eine wesentliche Erneuerung erfuhr die neuseeländische Literatur auch durch die Einbeziehung der Maorikultur. Von internationaler literarischer Geltung sind v. a. die Erzählungen von W. Ihimaera und Patricia Grace, die Romane Keri Hulmes, die Lyrik H. Tuwhares sowie das Werk des Samoaners A. Wendt. Das zeitgenössische Theater zeichnet, etwa in den Stücken Roger Halls (* 1939), das Bild einer Gesellschaft, die die Sicherheiten der weltabgeschiedenen Idylle zerbrechen sieht.
 
Ausgaben: Speaking for ourselves, herausgegeben von F. Sargeson (1945); A book of New Zealand verse, 1923-50, herausgegeben von A. Curnow (Neuausgabe 1951); Contemporary Maori writing, herausgegeben von M. Orbell (Neuausgabe 1974); The Penguin book of New Zealand verse, herausgegeben von I. Wedde (Neuausgabe 1986); The Penguin book of contemporary New Zealand poetry, herausgegeben von M. Evans (1990).
 
 
P. Evans: The Penguin history of New Zealand literature (Auckland 1990);
 
Dirty silence. Aspects of language and literature in New Zealand, hg. v. G. McGregor (ebd. 1991);
 
The Oxford history of New Zealand literature in English, hg. v. T. Sturm (Neudr. ebd. 1991).

Universal-Lexikon. 2012.

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